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Lloyd Austins Geheimnistuerei: Zeugnis der Erosion des US-Machtapparats

Lloyd Austins Geheimnistuerei: Zeugnis der Erosion des US-Machtapparats

Quelle: AFP © Jim WatsonDer US-Verteidigungsminister Lloyd Austin während einer Anhörung im Senate Appropriations Subcommittee on Defense über den Haushaltsantrag des Verteidigungsministeriums für das Jahr 2024 auf dem Capitol Hill in Washington, D.C. am 11. Mai 2023

Von Aljona Sadoroshnaja

Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin wurde am 1. Januar nach einem «kürzlichen medizinischen Eingriff» mit Komplikationen ins Krankenhaus eingeliefert. Das gab der Pentagon-Sprecher Patrick Ryder am Freitag, dem 5. Januar, bekannt. Der Radiomoderator Todd Starnes wartet gespannt auf eine Begründung für die Entscheidung im Pentagon, der Öffentlichkeit den Krankenhausaufenthalt des US-Verteidigungsministers vorenthalten zu haben.

Experten sind überzeugt: das Pentagon hat nicht versehentlich diese Informationen zurückgehalten, denn dieser Vorfall deutet vielmehr auf tiefe innenpolitische Probleme in Washington, D.C. hin.

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Man verschwieg das Ganze jedoch nicht allein der Öffentlichkeit, sondern selbst dem Weißen Haus, berichtet Politico. Nach Angaben dieses Mediums hat der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan erst am 4. Januar den US-Präsidenten Joe Biden über den Krankenhausaufenthalt seines Verteidigungsministers informiert, nachdem er selbst erst so spät davon erfahren hatte.

Die Quellen der Medien glauben, es sei auch unwahrscheinlich, dass Austin persönlich die Information bereits an Biden weitergegeben hatte. Ihrer Meinung nach wäre der US-Präsident dazu nicht imstande, wenn nicht einmal Sullivan davon wusste. Diese Meldung schockierte alle im Weißen Haus, und auch die Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates waren überrascht, warum das Pentagon so lange gebraucht hat.

Der US-Kongress erfuhr davon noch viel später – am Freitag, dem 5. Januar, und zwar 15 Minuten bevor die Informationen an die Öffentlichkeit gelangten. Politico zufolge wurden die Informationen über den Krankenhausaufenthalt unter anderem vor hochrangigen Pentagon-Beamten und führenden Vertretern des US-Kongresses geheim gehalten. Manche Beamte des Verteidigungsministeriums erfuhren erst durch die Pressemitteilung von dem Vorfall.

Ohnehin räumte Austin dann selbst ein, dass er die Medien und die Öffentlichkeit früher über seinen Krankenhausaufenthalt hätte informieren müssen, und er übernahm die Verantwortung für das Zurückhalten der Informationen. «Ich verpflichte mich zur Verbesserung meiner Arbeit», versprach der Spitzenbeamte.

«In dieser Geschichte gibt es eine Vielzahl von Seltsamkeiten. Ganz klar ist aber, dass wir da ein Versagen des amerikanischen Verwaltungssystems beobachten konnten. Des Weiteren bleibt unklar, aufgrund welcher Erkrankung Austin eigentlich behandelt wurde. Man weiß nur, dass er auf der Intensivstation lag», kommentierte das der Amerikanist Dmitri Drobnizki.

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«Interessanterweise wurde dies weder dem Weißen Haus noch dem Nationalen Sicherheitsrat oder einem zuständigen Kongressausschuss gemeldet. Eigentlich gibt es zwar kein Gesetz, das Pentagon-Beamte dazu verpflichtet, solche Fälle an die US-Regierung zu melden. Doch gleichzeitig sollte man sich darüber im Klaren sein, dass eine wichtige Person dieser Verwaltung vier Tage lang einfach aus dem System verschwand», fügte er noch hinzu.

«Wobei die Funktionen von Austin, wie sich jetzt erst herausstellt, auch zu dieser Zeit nur teilweise von seinem Stellvertreter übernommen wurden. Insgesamt beobachten wir in den Vereinigten Staaten unter der Regierung Biden den Zerfall der staatlichen Verwaltung. Diese Entwicklung begann bereits unter Trump, hing aber damit zusammen, dass dem damaligen Präsidenten «die Hände und Füße gebunden» waren. Und unter Biden nimmt der Zwist zwischen den politischen Clans noch zu, was sich auch auf die Führung des Landes auswirkt», argumentierte Drobnizki.

«Selbstverständlich funktioniert der Staatsapparat der USA noch immer, doch wir bemerken immer wieder Ausfälle – die Erosion wird immer sichtbarer. Und es ist offensichtlich, dass es in den Vereinigten Staaten immer schwieriger wird, wichtige Entscheidungen seriös zu treffen und dafür den Konsens in allen Fragen zu finden. Ich nehme an, das gesamte Jahr 2024 wird unter diesem Dilemma verlaufen», unterstreicht der Gesprächspartner.

«Ich gebe zu bedenken, dass man hat im Pentagon wohl lange darüber nachgedacht hat, ob man Sullivan überhaupt informieren sollte, als Austins gesundheitliche Probleme auftraten. Immerhin ist er nicht nur Nationaler Sicherheitsberater, sondern auch ein Vertreter des Clinton-Clans, während der Chef im Pentagon allgemein als Anhänger der Ideen von Obama gilt. Im Kontext der aktuellen politischen Realität spielt selbst das eine wichtige Rolle», merkte der Analyst noch an.

«Und angesichts dieses Zwistes lässt sich nicht einmal sagen, ob die Arbeit des Pentagons während Austins Abwesenheit lahmgelegt wurde. Denn in Wirklichkeit könnte es insgeheim zu Vorgängen innerhalb dieses Ministeriums gekommen sein, von denen wir auch erst wieder in ein paar Monaten erfahren werden», betonte Drobnizki.

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Der Amerikanist Malek Dudakow verweist seinerseits auf ein weiteres Problem im US-Regierungssystem, das durch den Krankenhausaufenthalt des Pentagon-Chefs zutage getreten sei: «In einem gewissen Sinne ist Lloyd Austin ein gewöhnlicher Beamter, der in seiner Abwesenheit die Befugnisse an seine Stellvertreter delegiert hat. Andererseits ist dieses Ereignis selbst ein anschauliches Beispiel für die Gerontokratie, die in Washington vorherrscht. Auch der Chef des Pentagon ist nicht gerade jung, nämlich 70 Jahre alt, und Biden ist noch älter. In diesem Alter sind Menschen durchaus öfter mal krank, sie können dann ihren Dienstpflichten nicht immer nachgehen – das ist eine Tatsache», meinte Dudakow.

Jedoch gibt es auch die Ansicht, im Weißen Haus habe man über Austins Krankenhausaufenthalt Bescheid gewusst und könnte sogar unmittelbar über die Untersuchung des Verteidigungsministers informiert gewesen sein. In diesem Sinne räumte der Politikwissenschaftler Boris Meshujew ein, dass das Ganze auch mit der politischen Konfrontation innerhalb der Vereinigten Staaten und mit der Situation um die Ukraine zu tun haben könnte.

«Es ist nicht auszuschließen, dass Austin von der Regierung Biden als Hauptverantwortlicher für das Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive angesehen wird. Zur Erinnerung sei gesagt, dass es zuvor wiederholt Leaks in der US-Presse gab, wonach der CIA-Chef Burns vor dem Vorbereitungsstand der russischen Verteidigung gewarnt hat», betonte Meshujew. «Damals war die Rede davon, dass der Angriff der ukrainischen Streitkräfte in jedem Fall scheitern werde. Austin beharrte jedoch auf dem Gegenteil. Und anscheinend muss jetzt, wo sich die Frage einer sogenannten Manöverkritik aufdrängt, eine klare Erklärung dafür gefunden werden, weshalb der Chef im Pentagon sein Büro vorübergehend verlassen sollte», meinte dieser Experte.

«Das Weiße Haus könnte Austin durchaus sogar ’empfohlen’ haben, sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen, und versprach im Gegenzug mögliche Intrigen vor der Öffentlichkeit und dem US-Kongress geheim zu halten. Und es würde mich nicht überraschen, wenn wir demnächst Erklärungen aus dem Pentagon hören, wonach der Verteidigungsminister zusammen mit Biden weiterhin Russland die Stirn bieten möchten, er dies aber aus gesundheitlichen Gründen nicht tun könne», resümierte Meshujew.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.

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